Stefan Pölt: Eiskalte Liebe

Eiskalte Liebe

© Stefan Pölt

»Sie möchten also Ihren Gatten
in Würde feierlich bestatten?

Da kämen Erde, See und Feuer
in Frage oder, wenn auch teuer,
die Flüssigstickstoffkonservierung –
wir helfen bei der Finanzierung.

Bei dieser wird man schockgefrostet
(und Jahre aufbewahrt – das kostet!),
am besten gleich nach dem Versterben,
weil sonst die Zellen schnell verderben.«

»Das passt, mein Mann verscheidet morgen –
ich muss nur noch das Gift besorgen.«

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Stefan Pölt: Gähnende Leere

Gähnenden Leere

© Stefan Pölt

Würde man von all den Sternen
alle bis auf zwei entfernen,
wär das All zwar noch gigantisch,
doch die Nacht nicht mehr romantisch
und es lebten Astrologen
größtenteils zurückgezogen.

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Gedichte, Stefan Pölt, Weltall, Sterne, Astrologen

Stefan Pölt: Gemeinsamer Weg

Gemeinsamer Weg

© Stefan Pölt

Zum Rotkohl spricht der Tafelspitz
beim Fall durchs Speiserohr: Ich flitz
jetzt schon mal vor, denn wie mir scheint,
sind wir im Magen bald vereint.
Im Anschluss wäre es noch schön,
mit dir durch dick und dünn zu gehn!

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Stefan Pölt: Poetry Slam

Poetry Slam

© Stefan Pölt

Spitzt die Zunge, zückt die Feder,
zieht in vollem Reim vom Leder!
Haut den Publikumsjuroren
euren Beitrag um die Ohren!

Stellt euch vor die Mikrofone
ohne jede Sprachschablone.
Bringt im Stehen möglichst kühne
Satzgeburten auf die Bühne.

Doch ihr müsst euch mächtig sputen,
food for thought in fünf Minuten!
Schleudert Worte, dass es kracht.
Auf, ihr Dichter, in die Schlacht!

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Stefan Pölt: Bedingt

Bedingt

© Stefan Pölt

Ohne Liebe kein Erwärmen,
ohne Lust kein Freudensprung,
ohne Glücksgefühl kein Schwärmen,
ohne Brei in den Gedärmen
keine echte Sättigung.

Ohne Fühlen kein Erleben,
ohne Leben kein Gefühl,
ohne Hoffnung kein sich Geben,
ohne Spannung kein Erbeben,
ohne Sonne eher kühl.

Ohne Schlafen kein Erwachen,
ohne Dunkelheit kein Licht,
ohne Traurigkeit kein Lachen,
ohne Höchstmaß kein Verflachen,
ohne Endreim kein Gedöns.

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Stefan Pölt: Einzigartig

Einzigartig

© Stefan Pölt

Die Bayrische Sprache klingt kernig und derb,
für Preußen ist ›soachn‹ kein richtiges Verb.
Doch grade der kehlige, ländliche Sound
bewirkt, dass ein Fremder fast ehrfurchtsvoll staunt.
Zumindest besteht bei dem Vokabular
des Bayrischen keine Versächslungsgefahr.

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Gedichte, Stefan Pölt, Sprache, Sächsisch, Bayrisch, Bayern, Preußen

Stefan Pölt: Man kann nie wissen

Man kann nie wissen

© Stefan Pölt

Dass dein Schweinehund persönlich
mit dir über Hegel spricht,
wäre sicher ungewöhnlich,
ausgeschlossen aber nicht.

Sei am besten vorbereitet,
falls es irgendwann passiert,
weil der Kerl, der dich begleitet,
sonst noch den Respekt verliert.

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Alfons Pillach: The Rocky Mountains

The Rocky Mountains

© Alfons Pillach

This is my poem of a place
with beauty, harmony and grace,
with valleys deep and mountains high,
where grizzlies live and eagles fly,
with glaciers on the mountain peaks
and clearest water in the creeks,
where endless woods grow on the ground
and purest nature can be found,
where every snowflake, big or small,
will feed a silv’ry waterfall.
And when the moon appears at night,
while all the stars are clear and bright,
then it is time to realize
that this is Rocky Paradise.

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Gedichte, Alfons Pillach, Rocky Mountains

Alfons Pillach: Waldspaziergang

Waldspaziergang

© Alfons Pillach

Alleine durch den Wald zu gehen,
so wohltuend einsam,
nur mit den Gedanken gemeinsam,
und einzutauchen in des Waldes Seele,
lässt heilsame Balance entstehen.
Und wenn dann eine Vogelkehle
froh und beschwingt
ein zauberhaftes Liedchen singt,
und eines Bächleins Reigen
durch des Waldes Schweigen
ans Ohr mir dringt,
und wenn auf Farne und Moos,
– wenn auf des Waldes grünen Schoß –
das warme Licht der Sonne fällt
und mein Gemüt erhellt,
wird mir des Waldes Offenbarung
zur wundersamen Seelennahrung.

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Alfons Pillach: Der Bikini

Der Bikini

© Alfons Pillach

Er gehört zur Sommerzeit
und weckt bei drallen Damen Neid
auf die knackig schlanken Frauen,
auf die im Bad die Männer schauen.
Oftmals wollen sich die Feisten
den Bikini nicht gern leisten,
weil an ganz bestimmten Stellen
überreichlich Pfunde quellen.
Im Bikini, diesem Fummel,
gibt es eben keinen Schummel:
Der Bikini zeigt die nackten
manchmal allzu drallen Fakten,
weil den Speck er nicht bedeckt,
den Madam so gern versteckt.

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Stefan Pölt: Wer würd nicht gern

Wer würd nicht gern?

© Stefan Pölt

Wer würd nicht gern am Tag des Herrn
beim Glockenläuten »Ruhe!« plärrn –
und wenn der Pfarrer böse schaut,
ergänzen: »Gott mag’s nicht so laut.«?

Wer rief nicht gern, als wär’s normal,
»Seid leise!« in den Lesesaal,
um, wenn sie dann nach oben sehn,
mit einem »Geht doch!« rauszugehn?

Und wenn die Politesse droht,
es gälte hier ein Parkverbot,
wer hatte da noch nie den Traum,
sie anzubrülln: »Für mich wohl kaum!«?

Wer schrieb nicht gern dem fiesen Chef
in Wut ’ne E-Mail mit Betreff:
›Empfehlung an ein Arschgesicht‹?
Wer würd nicht gern, doch traut sich nicht.

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Gedichte, Stefan Pölt, Pfarrer, Lesesall, Ruhe, Politesse, Parkverbot, Chef

Stefan Pölt: Versucht

Versucht

© Stefan Pölt

Schriebe ich von Liebeskummer,
von Verzweiflung, Hass und Leid,
wie ein armes Herz in stummer
Trauer hilf- und lautlos schreit.

Würdest du den Schmerz erspüren,
Leser, würde mein Gedicht
dich zu tausend Tränen rühren?
Nein? Kein Schluchzen? Dann halt nicht.

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Gedichte, Stefan Pölt, Liebeskummer, Herz, Schmerz

Stefan Pölt: Cacophobie

Cacophobie

© Stefan Pölt

Mein Liebling hatte in der Zeit
vor unsrem Eheglück
verdammte Angst vor Dunkelheit,
doch das liegt lang zurück.

Sie ist geheilt und das geschah,
als sie im Angesicht
mich erstmals völlig nackig sah –
jetzt hat sie Angst vor Licht.

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Stefan Pölt: Grenzen der Toleranz

Grenzen der Toleranz

© Stefan Pölt

Blökt, wenn ihr mögt,
bellt, wenn’s gefällt,
schwätzt, wenn ihr’s schätzt,
tollt, wenn ihr wollt,
schreit, wenn’s befreit,
weint, wenn ihr meint,
tauscht, wenn’s berauscht,
raucht, wenn ihr’s braucht,
küsst, wenn ihr müsst,
spreizt, wenn’s euch reizt,
röhrt, wenn’s betört,
schmust, wenn’s erquickt,

aber macht dabei verdammt noch mal die Fenster zu!

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Gedichte, Stefan Pölt, Toleranz

Stefan Pölt: Der Froschkönig – was wirklich geschah!

Graffiti in Saarbrücken

Graffiti in Saarbrücken

Der Froschkönig – was wirklich geschah!

© Stefan Pölt

An einem beschaulichen Sommertag saß
ein Mädchen im Garten, da quakt’s aus dem Gras:
Ich bitte dich, küss mich! Ich bin von der bösen
Fee Mala verwunschen – du musst mich erlösen!

Dann heiraten wir und du wirst auch – versprochen! –
Prinzessin und darfst mich dann immer bekochen.
Du führst mir den Haushalt, wirst Kinder gebären,
dich kümmern, sie großziehn und sorgsam ernähren.

So führen wir beide ein glückliches Leben.
Komm küss mich, was kann es denn Schöneres geben?
Sie lächelte leise, dann lag in der Luft
ein lieblicher Froschschenkel-Weinsoßen Duft.

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Alfons Pillach: Make-up

Make-up

© Alfons Pillach

Make-up verschönert und verziert
die reife Haut, die Glanz verliert.
Make-up hilft brüchiger Fassade,
die Haut wirkt dann nicht welk und fade.
Man nimmt Make-up nur fürs Gesicht,
am Hintern sieht man’s nämlich nicht.

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Alfons Pillach: Schulneurose

Schulneurose

© Alfons Pillach

Der Lehrer steht an seinem Pult
vor Kindern, gestern eingeschult,
als ein Bub sein Händchen hebt
und vermeldet, dass es klebt
bei ihm hinten in der Hose.
Des Psychologen Diagnose
lautete dann: Schulneurose.

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Gedichte, Alfons Pillach, Lehrer, Psychologe, Schulneurose, Diagnose

Alfons Pillach: Politiker

Politiker

© Alfons Pillach

Politiker sind heutzutage
manchmal eine große Plage.
Halten sich für furchtbar wichtig,
eigne Meinung nur ist richtig.
Für die Eitelkeit und Ehre
starten sie Politkarriere.
Sie verordnen sich Diäten,
essen Fleisch und Fisch, die Gräten
sind nicht gut für ihren Magen,
die darf das Rentnervolk abnagen.

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Horst Engel: Der traurige Fluss

Wildwasser am Sulzbach

Wildwasser am Sulzbach

Der traurige Fluss

© Horst Engel

Ein Fluss, der war sehr depressiv,
an manchen Stellen ziemlich tief.
Er fand, sein Dasein läg in Fetzen
und wollte ihm ein Ende setzen.

In dieser tiefbetrübten Lage
— oh, dass ich’s zu berichten wage —
gewahrt‘ von Ferne er des Schalles
wohl eines großen Wasserfalles.

Und stürzt hineilend sich hinunter. —
Da war er plötzlich wieder munter
und brauste über Stock und Stein
und sog die Luft wild schäumend ein.

Da wollte nicht mehr sterben er,
da wollt‘ er fließen, sprudeln, leben.
Doch gleich darauf floss er ins Meer —
So enden Flüsse eben.

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Horst Engel: Es quält’s

Es quält’s

© Horst Engel

Es baumelt‘ unterm Galgenbaum
ein Dieb zur Strafe eben.
Aus war des Diebes schöner Traum
vom sorgenfreien Leben.

Der Sorgen hat er ein‘ nur noch,
nun hängt er hier, nun zählt’s.
Die Augen weit hört man ihn doch
noch rufen laut: „Es quält’s!“

Die Menge fragt: „Was sprach er gleich?“,
doch er haucht’s Leben aus.
Und viele werden schreckensbleich
und denken „Welch ein Graus!“

Ward ihm in seiner Todesstund,
als seine Augen brachen,
ein dunkelstes Geheimnis kund
aus geisterwirren Sprachen?

Es bebt der Platz, es sinkt der Mut
vor schierer Angst und Sorgen.
Welch Wort sprach er? Ist’s böse? Gut?
Welch Schrecken wartet morgen?

Es gellt im Ohr das Wort, doch fehlt’s
am Wissen um den Sinn,
doch jeder hört’s: „Es quält’s. Es quält’s.“
und fragt: „Ob ich es bin?“

Und Panik fasst die Leute an
und lässt sie nicht mehr los.
Sie irren, rennen, wie im Bann,
die Angst, sie ist zu groß.

In Scharen fliehen sie der Stadt,
die einen Dieb erhängt,
der sie verfluchet darauf hat
und sie zur Flucht gedrängt.

Nur einer hat es nicht gehört:
Ein Männlein, ungestalt,
schlägt seine Mähre ungestört,
denn taub ist es und alt.

Ob ihm wohl galt der letzte Ruf
des Diebes dort vor Jahren,
der Angst und Wirren so erschuf,
wir werden’s nicht erfahren.

Denn Wüstenstaub liegt auf Ruinen,
wo einst der Dieb gedroht,
den Häusern, die so edel schienen.
Die Stadt, sie ist längst tot.

Am Markt steht noch der Galgenbaum
und in der Schlinge dort
hängt ein Skelett, verblichen kaum
und grinst über den Ort.

Gehst du vorbei, folgt dir das Grauen
und aus den Knochen schält’s
der Geister Stimm‘, verheerend Schauen
und flüstert leis: „Es quält’s.“

***

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